Seit Mitte der 60er Jahre fand die
Verhaltenstherapie eine sehr rasche Verbreitung in der Bundesrepublik
Deutschland. Seit ihren Anfängen wurde sie zu einer sehr modernen
Therapieform weiterentwickelt, so dass mittlerweile für sehr viele
Problembereiche auf den Einzelfall angepasste therapeutische
Vorgehensweisen vorliegen. Die Verhaltenstherapie gehört, neben der
psychoanalytischen und tiefenpsychologisch fundierten Therapie, heute zu
den Leistungen der gesetzlichen und privaten Krankenkassen. In
Verhaltenstherapie ausgebildete Diplom-Psychologen und Ärzte führen eine
solche Therapie bei psychischen Störungen durch.
Wie wird die Wirksamkeit von
Verhaltenstherapie nachgewiesen?
Ein
besonderes Merkmal der Verhaltenstherapie besteht darin, dass sie sich auf
die Anwendung von Prinzipien gründet, die wissenschaftlich erforscht
sind. Deswegen wird großer Wert auf die Beurteilung der Effektivität
ihrer recht vielfältigen therapeutischen Methoden gelegt. Im Vergleich zu
anderen Formen der Psychotherapie kann die Verhaltenstherapie gegenwärtig
als die am häufigsten wissenschaftlich untersuchte Therapieform bewertet
werden. Ihre Wirksamkeit in den einzelnen Vorgehensweisen bzw. Methoden
kann in einem sehr breiten Anwendungsspektrum als wissenschaftlich belegt
gelten.
Welche Behandlungsangebote
gibt es?
Es
gibt mittlerweile stationäre, tagesklinische und ambulante
verhaltenstherapeutische Behandlungsangebote. Psychosomatische,
psychiatrische und psychotherapeutische Fachkliniken und andere
Institutionen, wie z.B. eine Psychologische Universitätsambulanz, verfügen
zumeist über spezifische Gruppentherapieangebote, während in der freien
Praxis von niedergelassenen Verhaltenstherapeuten überwiegend
Einzeltherapien angeboten werden.
Die
Verfahren der Verhaltenstherapie erstrecken sich von der Anwendung
einzelner Techniken bei umschriebenen Problembereichen, wie z.B. der
Konfrontation mit angstauslösenden Reizen, bis hin zu komplexen
Therapieprogrammen wie dem sozialem Kompetenztraining.
Wann sollte eine
Verhaltenstherapie durchgeführt werden?
Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten. Bei dieser Entscheidung
sollte eine Fachkraft, am ehesten ein Verhaltenstherapeut, hinzugezogen
werden.
Wie wird bei einer
Verhaltenstherapie vorgegangen?
In
den ersten Probesitzungen wird aufgrund der Beschwerdeschilderung des
Klienten eine sogenannte Verhaltens- oder Problemanalyse erstellt, in der
die Bedingungen genau analysiert werden, die das Problem auslösen und
aufrechterhalten. Diese spezielle Form der Diagnostik ermöglicht ein
genaues Verständnis der jeweiligen Problematik, sodass daraus eine genaue
Therapieplanung abgeleitet werden kann. Konkret sollen dadurch drei Fragen
beantwortet werden:
- Welche Verhaltensweisen sollen konkret verändert
werden?
- Wodurch wird dieses Verhalten aktuell ausgelöst und
aufrechterhalten?
- Welche therapeutischen Vorgehensweisen sind
geeignet, die gewünschte Veränderung zu erreichen?
Erst wenn diese Fragen hinreichend beantwortet sind und die
Therapieplanung abgeschlossen ist, beginnt die konkrete Umsetzung der Veränderungen.
Eine durch die Krankenkasse finanzierte Verhaltenstherapie umfasst im
ambulanten Bereich zwischen 25 bis maximal 80 Sitzungen und dauert damit
in der Regel weniger lang als eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie.
Am
ehesten lässt sich eine Verhaltenstherapie als einen kontinuierlichen
Lern- und Problemlösungsprozess beschreiben. Zwischen den Sitzungen sind
regelmäßig Hausaufgaben zu bewältigen, die anschließend mit dem
Therapeuten besprochen werden. Dies soll sicherstellen, dass sich die
neuen Verhaltens- und Denkweisen im Alltag festigen. Der Klient/ die
Klientin muss sich also darauf einstellen, dass eine zunehmende
Eigenaktivität von ihm gefordert ist. Er lernt unter therapeutischer
Anleitung einen aktiven Umgang mit den zu bewältigenden Problemen.
Es
gibt eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Methoden, von denen hier nur
einige Beispiele aufgeführt werden: Entspannungstraining, systematische Desensibilisierung,
Exposition und Reaktionsverhinderung, Soziales Kompetenztraining,
Rollenspiele, Verhaltensübungen, Feedback, Selbstkontrolle, Gedankenstop,
Biofeedback, Aktivitätentraining, Problemlösetraining, kognitive
Umstrukturierung.
Am
bekanntesten sind die verschiedenen Konfrontationsmethoden bei Ängsten
und Phobien, dabei lernt der Betroffene, sich den bisher vermiedenen,
angstbesetzten Situationen zu stellen. Wenn es erforderlich ist, findet
solche Konfrontationstherapie in therapeutischer Begleitung statt.
In
der Praxis wird jedoch kaum nur eine einzige Methode angewendet, sondern
es findet eine Kombination verschiedener Methoden statt, um der Vielfältigkeit
der Problembereiche gerecht zu werden. Dies nennt man auch
Breitspektrum-Verhaltenstherapie oder multimodale Verhaltenstherapie.
Vertiefende
und weiterführende Literatur:
Literatur für
Patienten:
Kanfer
FH, Schmelzer D (2001) Wegweiser Verhaltenstherapie –
Psychotherapie als Chance. Springer
Paulus
J (1998) Verhaltenstherapie – Der kurze Weg zum Wohlbefinden.
Beltz
Schuster
K (1999) Abenteuer Verhaltenstherapie – Neue Erlebnisse mit sich
und der Welt. DTV
Literatur für
Experten:
Heyden
T, Reinecker H, Schulte D (2000) Verhaltenstherapie – Theorien und
Methoden. DGVT
Margraf
J (2000) Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Bd. 1 - Grundlagen,
Diagnostik, Verfahren, Rahmenbedingungen. Springer
Margraf
J (2000) Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Bd. 2 - Störungen.
Springer
Revenstorf
(1996) Psychotherapeutische Verfahren. Bd. 2 –
Verhaltenstherapie. Kohlhammer